Als Fotograf startete ich 2017 bei der ersten Sahara Expedition für Wandermut. Seitdem habe ich 3 weitere Touren als Teamleiter geführt. Wie die erste Expediton verlief und sich die Teams im Anschluss geschlagen haben, möchte ich in dieser Story erzählen.
2017 starten wir die erste Expedition, um einen Archäologie Studenten und Abenteurer bei der Entdeckung alter Ruinen zu unterstützen. Diese lokalisierte er ein Jahr zuvor auf einem entlegenen Tafelberg mitten in der marrokanischen Sahara. Aufgrund eines Fehlversuches sucht Wandermut daraufhin ein Team zur Unterstützung. Neben dem Ziel, den Tafelberg zu besteigen und die Ruinen zu untersuchen, gilt es die gesamte Strecke dorthin zu Fuß zu erreichen.
Die folgenden Touren schließen an der ersten an, wobei sich das Ziel entsprechend verändert. Nun geht es darum, das Gebiet besser kennenzulernen, weitere Tafelberge zu besteigen und die lebenswichtigen Brunnen zu kartografieren. Die Challenge zu Fuß und mit schwerem Rucksack durch die Hitze der Sahara zu laufen bleibt bestehen. Die Kultur der Berber wollen wir besser kennen und verstehen lernen. Möglichkeit dazu haben wir tagtäglich, da wir von drei Nomaden begleitet werden, die die Kamele führen und in der Wüste aufwuchsen.
Es ist wichtig, dass jeder Teilnehmer körperlich und auch psychisch gewappnet ist, um alle Risiken so gering wie möglich zu halten. Neben klassichen Verletzungen und Krankheiten können Dehydration und Hitzeschlag schnell zu sehr ernsten Problemen führen. Wichtig ist auch im Zeitplan zu bleiben, damit wir rechtzeitig wieder in der Zivilisation ankommen.
Nachdem sich alle Teilnehmer im Vorlauf der Expedition auf die Strapazen vorbereitet hatten, treffen wir uns in Marrakesch mit dem Team und besprechen den Ablauf der nächsten zwei Wochen. Wir fahren innerhalb eines Tages in das letzte Dorf vor der Wüste, wo wir noch die letzten Vorkehrungen treffen. Es fühlt sich gut an dem Trubel der Großstadt zu entfliehen und so kurz vor dem Start zu sein.
Mit Mustapha, unserem Freund und Nomaden aus der Sahara, erledigen wir die letzten Einkäufe. Brot, Reis, Couscous, Nudeln, aber auch Obst und Gemüse stehen die nächsten 2 Wochen auf unserem Speiseplan.
Wir starten frühmorgens und lassen das letzte Dorf vor der Wüste hinter uns. Außerhalb des Dorfes beladen wir die Kamele, die uns die nächsten 2 Wochen begleiten werden. Sie transportieren unsere Küchenuntensilien und das Essen, während wir unsere persönliche Ausrüstung selbst tragen. Das führt meist zu 12kg – 20kg schweren Rucksäcken.
Die ersten Schritte in der Wüste fühlen sich gut an. Der Stress der letzten Tage liegt hinter uns, während wir versuchen uns an die Belastung zu gewöhnen. Der Untergrund ist ungewohnt und verändert sich minütlich. Kleine Steine wechseln sich mit großen Steinen, trockener fester Boden wird zu Sand, sodass man ständig die Augen auf dem Boden halten muss. Das heutige Ziel ist eine Oase knapp 20km entfernt. Eine gute Strecke um sich einzulaufen und einen Eindruck auf die nächsten Wochen zu bekommen.
Wir laufen und laufen, machen täglich bis zu 25km Strecke und tanken zwischendrinnen mit kleinen Pausen Kraft. Oft ist es nötig eine lange Mittagspause zu machen, um der Sonne zu entfliehen. Dann teilen wir die Strecke auf und laufen am späten Nachmittag noch den Rest bis zu unserem Nachtlager. Es kommt vor, dass wir erst im Dunkeln ankommen und uns die letzten Meter bis zum Ziel quälen. Durch die Brunnen vorgegeben, erreichen wir aber auch mal am Nachmittag unser Lager und haben Zeit die Beine hochzulegen und die Gegend genauer zu erkunden.
Das Tagesziel ist meist schon am Morgen grob zu erahnen, da die Wüste weit und flach sein kann. Eine Abwechslung bietet immer der Untergrund, der mal schwieriger, mal leichter erscheint. Auch die Flora ist auf dem Weg immer wieder überraschend und nützlich: Akazien, kleine Sträucher und Gras tauchen immer wieder auf und lassen die Wüste lebendiger erscheinen, als man es sich vorstellen kann. Ohne die verstreuten Akazien sind unsere Mittagspausen wenig erholsam, daher freut es uns, wenn wir den Schatten dieser Bäume nutzen können um der Mittagssonne zu entfliehen.
Die Landschaft ist trotz der großen weiten Sicht immer wieder anders. Oft erscheinen Tafelberge am Horizont und manchmal laufen wir unmittelbaren an diesen vorbei. Wir erreichen die Sanddünen auf Hälfte der Strecke und freuen uns auf die Erfahrung das große Sanddünenfeld zu durchqueren. Nach 1-2 Tagen verlassen wir es erleichtert, so anstrengend das Vorankommen im tiefen Sand. Die Nächte in den Sanddünen unter freiem Himmel und den beeindruckenden Sternenhimmel werden wir allerdings nicht so schnell vergessen.
Wir möchten uns in der Sahara größtenteils wie die Berber ernähren, daher freut es uns, wenn Mustapha, Hassan und Lacien uns die Gerichte und Techniken der nomadischen Küche beibringen.
Wir unterstützen, wo wir können und backen jeden Tag frisches Brot. Mittlerweile habe ich 3-4 Techniken gelernt, um in der Wüste Brot zu backen. Mein Favorit sind die süßen „Limcimnen“ am Morgen.
Mithilfe von GPS und der Erfahrung von Mustapha navigieren wir täglich durch die Sahara. Am Morgen besprechen wir die Tagesetappe, damit jeder seine Kräfte und auch das Wasser einteilen kann. Oft müssen wir den Plan anpassen, um auf die äußeren Bedingungen einzugehen. Am Wegesrand erkunden wir die Tafelberge, betreten verlassene Täler und tanken Kraft in einsamen Oasen. Manchmal treffen wir auf Nomaden, die die Wüste ihr Zuhause nennen und werden auf einen Tee eingeladen oder können mit Medikamenten aushelfen.
Die Zeit im Camp nutzen wir alle unterschiedlich. Während die einen in einen erschöpften Schlaf fallen, ziehen andere los, um die Gegend zu erkunden, kümmern sich um ihre Wunden, kochen Tee für das Team, bereiten das Abendessen vor oder genießen die Stille der Natur. Klar ist: Anpacken muss jeder!
Wir erkunden immer neue Teile der Wüste und halten diese kartografisch fest. Insbesondere die Brunnen haben einen hohen Wert für uns, da diese lebensnotwendig sind, um die Wüste zu durchqueren.
Das Ziel der ersten Expedition 2017 erreichen wir am Tag 9. Wir schlagen unser Camp in einer Oase nahe dem Tafelberg auf und machen uns mit leichtem Gepäck auf den Weg. Unser Archäologiestudent Mark hatte den Weg hinauf ein Jahr zuvor nicht gefunden. Daher wollen wir den Berg umrunden, um die geeigneteste Stelle für einen Aufstieg zu finden. Wir haben Glück und können recht schnell einen leichteren Weg auf das Plateau ausmachen.
Oben angekommen können wir endlich bestätigen, was wir vorab nur auf Satelitenaufnahmen gesehen hatten: Ruinen von alten Mauern und Häusern. Wie alt diese sind, lässt sich nicht exakt bestimmen. Mark vermutet jedoch eine mögliche Datierung bis zurück in die Steinzeit.
Das eigentliche Ziel der Expedition und Folgetouren ist erst erreicht, wenn wir wieder in die Zivilisation zurückfinden. Nach 2 anstrengenden Wochen durch eine der beeindruckendsten Landschaften, die ich je gesehen habe, mit Teams, die einem in der Zeit sehr ans Herz wachsen, komme ich überaus glücklich im Zielort an und freue mich auf eine Zuckerbombe aus dem nächstem Kiosk.
Ich blicke zurück und erinnere mich an die tollen Erfahrungen und Gespräche: An anstrengende Tagesetappen, an viel zu heiße Tage und sehr kalte Nächte, an die Suche nach Skorpionen und das überraschende Aufeinandertreffen mit einer Hornviper, an das frisch gebackene Brot, an die Gespräche mit Hassan und Lacien, die dank meines Sprachlehrers Mustapha immer besser funktionieren, an die Fürze der Kamele, an die schönste Oase, die es gibt und an die klaren Sternennächte, die immer wieder aufs neue für die Strapazen des Tages entlohnen.
Über dem steht mein tiefster Respekt für unsere Freunde, die uns über die gesamte Zeit begleiten: Mustapha, Hassan und Lacien, die die gleichen Strapazen auf sich nehmen wie wir, die ihre eigenen Bedürfnisse oft zurück stellen und immer gute Stimmung verbreiten. Die uns gerne ihre eigene Kultur näher bringen und uns auch beim „heiligen Brot backen“ ranlassen. Ich bin froh in den dreien Freunde gefunden zu haben.
Danke dafür!